Tattoos gibt es in einigen Kulturen seit Jahrtausenden, in anderen sind sie erst seit kürzerem populär. Die Stilrichtungen sind so zahlreich wie ihre Träger. Ein Tattoo wird mit Hilfe von Handgeräten aus Bambus und Knochen oder elektrischen Tattoomaschinen in die Haut eingearbeitet und verbleibt dort ein Leben lang. Französische Forscher haben nun möglicherweise entdeckt, warum die Pigmente die Haut nicht mehr verlassen.
Das Prinzip beim Tätowieren ist immer gleich: Eine Nadel oder eine andere Spitze wird in Farbe getränkt und durch eine Maschine oder von Hand in die Haut gebracht. Bisher ging man davon aus, dass ein Tattoo dauerhaft in der Haut bleibt, weil die wasserunlöslichen Pigmente in Bindegewebszellen eingelagert werden. Dieser Schluss liegt nahe, da die Zellen des Bindegewebes im Gegensatz zu anderen Zellen eine besonders lange Lebensdauer haben. In Marseille untersuchten Forscher nun die Ablagerung von Farbpigmenten in der Haut, um herauszufinden, wie Tattoofarbe in der Haut ein Leben lang erhalten bleibt. Für ihr Experiment untersuchten sie Tattoos an Mäusen. Hierbei zeigte sich, das die bisherige Annahme, die Bindegewebszellen seien der Speicher für die Farbpigmente, zumindest bei Mäusen nicht zutreffend ist. Denn im Versuch an Mäusen, erwies sich ein anderer Zelltyp als verantwortlich für die Haltbarkeit eines Tattoos. Statt Bindegewebszellen nehmen Makrophagen, Fresszellen, die normalerweise Bakterien und andere Fremdkörper aufnehmen, die Farbpartikel auf und halten sie an ihrer Position.
Warum ein Tattoo ein Leben lang hält
Die Forscher erklären in ihrer Publikation im Journal of Experimental Medicine außerdem, dass, wenn eine Makrophage, die ein Pigment enthält abstirbt, wird der Partikel wieder freigesetzt. Damit könnte er vom Lymphsystem abtransportiert werden, das Tattoo würde nach und nach verschwinden. Warum dies nicht geschieht konnte mit dem Experiment gezeigt werden. Stirbt eine Fresszelle ab und setzt ein Farbpigment frei, rückt an ihre Stelle umgehend eine andere Fresszelle und „schluckt“ die Farbe. Makrophagen aus anderen Körperregionen springen ein und lagern die Farbpigmente. So behält das Tattoo seine ursprüngliche Form und verändert sich auch nach Jahrzehnten nicht besonders stark. Heraus fanden dies die Forscher, in dem sie Mäuseschwänze tätowierten und im Anschluss eine Zelluntersuchung vornahmen.
Ein Kreislauf aus Aufnahme und Freisetzung
Die Forscher tätowierten die Schwänze der Mäuse und stellten fest, dass die Pigmente nur in Makrophagen und in keinen anderen Zellen der Haut nachweisbar waren. Durch ein Toxin töteten die Forscher daraufhin alle Makrophagen in der betroffenen Stelle ab. Trotzdem veränderte sich das Tattoo nicht. Stattdessen konnte nachgewiesen werden, das die Tattoofarbe von neuen Fresszellen aufgenommen wurde. Schließlich entnahm man einer Maus ein Stück tätowierte Haut und pflanzte es bei einer anderen Maus ein. Nach sechs Wochen konnte man feststellen, das das tätowierte Hautareal überwiegend aus Fresszellen der Empfängermaus bestand. Die alten Zellen waren abgestorben, dafür hatte ihr Körper hatte Fresszellen ausgesandt, die sich sofort daran machten, die Partikel einzuschleusen. Auch bei Menschen hat man pigmenthaltige Makrophagen nachgewiesen in tätowierter Haut nachgewiesen. Ob der sich ständig erneuernde Prozess von Farbaufnahme, Absterben der Zelle, Freisetzung und erneuter Aufnahme durch eine andere Fresszelle bei Menschen genauso abläuft wie bei Mäusen, ist bisher nicht hinreichend geklärt. Die Vermutung liegt jedoch nahe.
Von Nutzen für die Tattoo-Entfernung
Die neuen Erkenntnisse könnten in Zukunft von praktischem Nutzen sein, denn „wahrscheinlich ließe sich ein Tattoo leichter wieder entfernen, wenn vor der Laser-Behandlung vorübergehend die Makrophagen in der betroffenen Hautregion eliminiert würden“, sagt Bernard Malissen vom Centre d’Immunologie de Marseille-Luminy in Marseille. Der leitendende Forscher der Arbeitsgruppe geht davon aus, dass man damit die Wahrscheinlichkeit erhöhen kann, dass die durch Laser zerkleinerten Partikel freigesetzt und über das Lymphsystem ausgewaschen werden, ohne, dass sie sich vorher in neuen Fresszellen ablagern. Ob dies ohne weiteres beim Menschen möglich ist, bleibt noch unklar, denn für das Experiment wurden gentechnisch veränderte Mäuse eingesetzt, bei denen es durch Toxin möglich wurde, Fresszellen gezielt anzugreifen. Dieses Vorgehen wäre am Menschen wohl nicht nur zu aufwendig, sondern auch zu risikoreich, aber die Forschung steckt ja auch noch in den Anfängen.