Forscher und Mediziner waren sich bisher nicht einig darüber, ob der Mutterleib, in dem ein ungeborenes Kind heranwächst, steril ist. Neue Analysen und Untersuchungen schaffen nun Klarheit. Weder der Fötus noch die pränatale Umgebung weisen Mikroben auf.
Das heranwachsende Kind ist in der Gebärmutter der werdenden Mutter geschützt. Die Frage, ob es dort auch vor Mikroben geschützt ist, konnte bisher nicht beantwortet werden. Ein Forschungsteam hinter Katherine Kennedy untersuchte diese Fragestellung nun genauer und veröffentlichte im Januar 2023 ihre Ergebnisse dazu auf Nature.com.
Bisherige Untersuchungen zeigten keine eindeutigen Ergebnisse
In früheren Studien gab es vereinzelte Nachweise über Bakterien im Fruchtwasser werdender Mütter. Auch im Kot einiger Neugeborenen zeigte sich in der Vergangenheit bakterielle DNA. Kennedy berichtet in ihrem veröffentlichten Artikel darüber, dass so das Bild eines „unreinen“ Mutterleibs entstanden war. Einige Mediziner gingen sofort davon aus, den Beweis dafür gefunden zu haben, dass das menschliche Immunsystem bereits in der Fruchtblase Gestalt annimmt.
„Dies führte zu der Vermutung, dass die fötale Entwicklung des Immunsystems vielleicht doch schon durch die Präsenz von lebenden Mikroorganismen im Uterus angetrieben und geprägt wird“, so Kennedy. Sie sieht in den bisher veröffentlichten Studien jedoch keine handfesten Beweise dafür, dass es im Mutterleib tatsächlich Bakterien gibt: „Bisherige Konzepte und Forschungen müssten komplett neu bewertet werden“.
Genauere Untersuchungen zeigen: Der Schutz ist vorhanden
Das Forschungsteam untersuchte die bisherigen Studien zu dem Thema noch einmal genauer. Darauf basierend gehen die Wissenschaftler davon aus, dass bei den Untersuchungen einige Unstimmigkeiten entstanden sein mussten. Bei den Ergebnissen einer Arbeit geht das Team beispielsweise davon aus, dass es bei den gefundenen Bakterien um fälschliche Daten handelt.
„In den Studien, die ein fötales Mikrobiom über den Kot von Neugeborenen nachgewiesen haben wollen, wurde jede einzelne dieser Bakterienarten auch in den einem Großteil der Kontrollproben gefunden.“
Die entdeckten Bakterien könnten ihren Ursprung also nicht im Kot der Säuglinge haben, sondern im benutzten Material. Um diese These zu stützen, verglichen sie die nachgewiesenen Bakterienarten mit denen, die in dem Geburtsgang einer Frau zu finden sind. Dabei kamen sie zu dem Ergebnis, dass es sich um andere Mikroben handelt.
„Wenn man die vaginalen Mikroorganismen und diejenigen in den Kontrollreagenzien berücksichtigt, dann gab es keinerlei Belege mehr für ein plazentales Mikrobiom.“
Einen weiteren Beweis, für einen sterilen Mutterleib sehen die Forscher darin, dass die gefundenen Bakterien immer in extrem niedriger Zahl vorkamen. Sie sind davon überzeugt, dass eine gesunde Schwangerschaft auch zu einer sterilen Fruchtblase und Neugeborenen führt und schließen ihre Studie mit folgendem Fazit: „Auch wenn es nicht möglich ist, die gelegentliche Präsenz von Mikroben in einem gesunden menschlichen Fötus völlig auszuschließen: Die verfügbaren Daten sprechen gegen eine stabile, zahlreiche Kolonisierung des Mutterleibs unter normalen, nicht krankhaften Umständen“.