Opioide machen schnell abhängig. Das ist bereits lange bekannt. Wie sie jedoch in unseren Zellen wirken und wie ihre starke Wirksamkeit entsteht, war bisher nicht vollends geklärt.
In der Medizin sind Opioide trotz des erhöhten Suchtpotenzials nicht mehr wegzudenken. Bei schweren Unfällen, Verletzungen oder anderen schwerwiegenden Erkrankungen sind Patienten auf sie angewiesen. Eine Gruppe von Medizinern und Forschern der Universität Genf veröffentlichte nun eine Studie im Fachmagazin Science Advances, aus der hervorgeht, wie die Medikamente in unseren Zellen wirken.
Opioide dringen tiefer in die Zellen ein als gewöhnliche Schmerzmittel
Schmerzmittel lösen nach der Einnahme biochemische Prozesse in unserem Körper aus. Das wird dadurch ermöglicht, dass sich die Wirkstoffe an verschiedene Rezeptoren heften. Diese wiederum wirken in Anschluss verschiedene Reaktionen aus, etwa Schmerzlinderung.
Die Forscher wollten herausfinden, inwiefern sich die Wirkung der Opioide zu denen herkömmlicher Medikamente unterscheidet. Das wollten sie anhand von Zellreaktionen testen. Sie behandelten unveränderte Zellen mit Opioiden und anderen verschiedenen Schmerzmitteln. Im Anschluss beobachteten sie, wie und vor allem an welchem Teil die Zelle eine Reaktion zeigt.
Die Forscher beschreiben in ihrem Bericht, wie sie feststellen konnten, wo die verabreichten Mittel wirkten. „Wir haben Biosensoren entwickelt, mit denen wir an lebenden Zellen nachweisen konnten, ob Rezeptoren an bestimmten Stellen in oder auf den Zellen aktiviert werden und welche eine Reaktion auslösen.“
Im direkten Vergleich zu herkömmlichem Schmerzmittel zeigten sich sofort deutliche Unterschiede. „Anstatt Veränderungen in Zellen im Ganzen zu beobachten, konnten wir detailliert sehen, was an verschiedenen Orten innerhalb der Zellen passiert.“
Es wurde also beobachtet, dass die Zelle nicht im Ganzen oder nur an ihrer Hülle reagiert. Die Opioide fanden einen Weg in den Zellkern.
Verstärkte Wirkung durch das Eindringen in Zellen
Doch nicht nur der Ort der Reaktion ließ sich durch die Untersuchungen feststellen. Die Forscher beobachteten außerdem, eine deutlich stärkere Reaktion, wenn die Medikamente innerhalb der Zelle wirkten.
Damit lässt sich laut den Autoren der Studie erklären, warum die Opioide eine solch starke Wirkung auf den menschlichen Körper haben. Durch das tiefe Eindringen in die Zellen haben sie es zum einen leichter, ihren Wirkstoff freizusetzen. Des Weiteren schafft es dieser, länger an dem sogenannten Golgi-Apparat der Zelle zu haften.
„Die vorliegenden Ergebnisse belegen zusammen mit früheren Studien, dass Opioide im Golgi-Apparat kompetent signalisieren, da sie Wandlerproteine (G-Proteine, GRKs) einbeziehen und die cAMP-Produktion als Reaktion auf Permeantagonisten hemmen.“
Aufgrund dieser Reaktion gehen die Wissenschaftler davon aus, dass die Zellen, die regelmäßig mit Opioiden behandelt werden, nachhaltig verändert werden. Sie sehen erste Anzeichen dafür, dass diese ihre Zellphysiologie sowie ihren Stoffwechsel veränderten. Diese Ergebnisse möchte das Team in einer erneuten Studie weiter erörtern. So möchten sie herausfinden, ob auch natürliche Opioide wie Blaumohn diese Wirkung auf unsere Zellen haben.
Photo by Pawel Czerwinski